Samstag, 19. November 2011

Studie über langandauernden Stromausfall in Deutschland. Eine ernüchternde Lektüre fürs Wochenende

Vorwort des Ausschusses
Als Lebensadern hochtechnisierter Industrienationen gelten ihre Infrastrukturen wie
sichere Energieversorgung, funktionierende Wasserver- und Abwasserentsorgung,
leistungsfähige Verkehrsträger und Transportwege sowie eine jederzeit zugängliche
Informations- und Telekommunikationstechnik. Deshalb beauftragte der Ausschuss
für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung das Büro für Technikfolgen-
Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) zu untersuchen, wie sich ein langandauernder und großflächiger Stromausfall auf besonders kritische Infrastrukturen
wie z. B. Trinkwasser, Abwasser, IuK-Systeme, Finanz- und Gesundheitsdienstleistungen
auswirken könnte, insbesondere im Fall eines Kaskadeneffekts über Länderund
nationale Grenzen hinweg.

Die Abhängigkeit von solchen (kritischen) Infrastrukturen hat sich in Deutschland in
der Folge von Naturkatastrophen und technischen Störungen in den letzten Jahren
bereits mehrfach gezeigt (Elbe- und Oderhochwasser 2002/2005, Stromausfall
Münsterland 2005, Sturm Kyrill 2007). Versorgungsengpässe, Störungen der öffentlichen
Sicherheit und Beeinträchtigungen im Straßen- und Schienenverkehr haben einen Eindruck von der Verletzbarkeit moderner Gesellschaften gegeben sowie höchste Anforderungen an das Gesundheits-, Notfall- und Rettungswesen gestellt.

Aufgrund der großen Abhängigkeit nahezu aller Kritischen Infrastrukturen von der
Stromversorgung, kommt dem Szenario eines großflächigen und längerfristigen
Stromausfalls mit der Folge massiver Versorgungsstörungen, wirtschaftlicher Schäden
sowie Gefährdungen der öffentlichen Sicherheit eine zentrale Bedeutung zu. Die
im Jahr 2004 durchgeführte Bund-Länder-Krisenmanagementübung (LÜKEX) hat
die problematischen Folgen und Folgenketten sowie die enormen Schwierigkeiten,
eine solche Krisen- und Gefahrenlage ohne Vorwarnung in den föderalen Strukturen
zu bewältigen, deutlich gemacht.

Gleichwohl sind – soweit erkennbar – die möglichen Folgen eines solchen Ereignisses
in der Literatur ebenso wie in offiziellen behördlichen Dokumenten noch nicht intensiv und systematisch durchdacht worden. Die Analysen des TAB zeigen, dass die Folgen eines solchen Stromausfalls einer nationalen Katastrophe zumindest nahekommen könnten. Es bedürfte einer Mobilisierung aller internen und externen Kräfte des Bevölkerungsschutzes, um die Auswirkungen zumindest zu mildern.

Der TAB-Bericht gibt Hinweise darauf, wie die Robustheit Kritischer Infrastrukturen
gestärkt und die Handlungsmöglichkeiten des nationalen Systems des Katastrophen-managements verbessert werden könnten. Der Bericht leistet damit einen wertvollen Beitrag, die Sensibilität in Wirtschaft und Gesellschaft für diese Thematik zu erhöhen und bietet für die Fachausschüsse des Deutschen Bundestages eine gute Grundlage für die weitere Befassung.

Fazit
Die Folgenanalysen haben gezeigt, dass bereits nach wenigen Tagen im betroffenen Gebiet die flächendeckende und bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit (lebens)
notwendigen Gütern und Dienstleistungen nicht mehr sicherzustellen ist. Die öffentliche Sicherheit ist gefährdet, der grundgesetzlich verankerten Schutzpflicht für Leib und Leben seiner Bürger kann der Staat nicht mehr gerecht werden. Die Wahrscheinlichkeit eines langandauernden und das Gebiet mehrerer Bundesländer betreffenden Stromausfalls mag gering sein. Träte dieser Fall aber ein, kämen die dadurch ausgelösten Folgen einer nationalen Katastrophe gleich. Diese wäre selbst durch eine Mobilisierung aller internen und externen Kräfte und Ressourcen nicht „beherrschbar“, allenfalls zu mildern.

Weitere Anstrengungen sind deshalb auf allen Ebenen erforderlich, um die Resilienz der Sektoren Kritischer Infrastrukturen kurz- und mittelfristig zu erhöhen sowie die
Kapazitäten des nationalen Systems des Katastrophenmanagements weiter zu optimieren. Der Stromausfall als ein Paradebeispiel für „kaskadierende Schadenswirkungen“ sollte deshalb auf der Agenda der Verantwortlichen in Politik und Gesellschaft weiterhin hohe Priorität haben, auch um die Sensibilität für diese Thematik in Wirtschaft und Bevölkerung zu erhöhen. Der vorgelegte TAB-Bericht soll hierzu einen Beitrag leisten.

Berlin, den 7. April 2011
Der Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung
Quelle: KIT Studie www.kit.edu



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